Van Holzen
Ein Raunen peitschte durch die deutsche Musiklandschaft, als VAN HOLZEN vor zwei Jahren mit ihrem Debut „Anomalie“ auf sich aufmerksam machten. Kompromisslose Gitarren trafen auf dystopische Melodien und Texte, wie man sie selten zuvor aus Deutschland gehört hatte.
Dazu stilsichere Videos, ein unscheinbares Auftreten und brachiale Livequalitäten. Und das von drei Typen aus Ulm, die nicht mal die 20 erreicht hatten.
Gekonnte Vorarbeit und das strikte Einhalten des gesetzten Ziels katapultierte „Anomalie“ auf Platz 48 der deutschen Albumcharts.
Die Band tourte durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, spielte auf unzähligen Festivals (u.a. auf dem Sziget in Budapest) und zierte das Cover des VISIONS Magazins. Ein beachtlicher Start. Das Fundament war gelegt.
Im April 2019 erscheint nun der „Anomalie“-Nachfolger „REGEN“.
Die erste Single „Alle meine Freunde“ dient als Vorbote und beweist eindrucksvoll, welch großen Schritt die Band in den letzten zwei Jahren gemacht hat. Du rechnest zwar mit dem hymnischen Refrain, bist aber verdutzt, wie sehr er sich mit all seiner Melancholie in den Gehirnwindungen festzusetzen weiß. Apropos Melodien – diese sind weit mehr im Fokus als bei der letzten Platte.
Mal sphärisch-isoliert wie in der zweiten Single „Royal“, mal lässig fordernd wie im Titelsong „Regen“.
Obwohl in fast allen Songs der neuen Platte musikalisch viel passiert, wirkt es nie überfordernd. Du horchst oft überrascht auf, hast aber nie den Eindruck, als wirke der Moment unpassend oder konstruiert. Die Überraschungen fangen dich eher auf, während du gleichzeitig in ein Loch gesogen wirst – oder lassen dich gleiten, wenn du keine Lust hast dich selbst zu bewegen.
Textlich ist es fast schon erschütternd mit anzuhören, dass junge Menschen so verheerend leiden können. Man lebt jede gesungene Zeile der Angst nach und hat das Gefühl, Teil der jeweiligen Szenerie zu sein. Obwohl sich hier und da kleine Funken der Hoffnung offenbaren, ist es ganz offensichtlich, dass die Sonne in der Welt von VAN HOLZEN dunkler scheint als in anderen Welten.
Produziert wurde das neue Album erneut von Philipp Koch (Heisskalt) & Simon Jäger. Sie geben der Band stets den nötigen Raum, neue Einflüsse in den bereits vorhandenen Soundkosmos einzufügen. Die Platte klingt wie die Songs, kraft- und druckvoll, garniert mit einer ergreifend schönen Distanziertheit.
Mit Revolutionen ist das so eine Sache. Man sehnt sich oft nach einer, weil man die Aufregung in einem kollektiven Aufbruch sucht, findet aber selten die erhoffte Erlösung.
VAN HOLZEN boten von Anfang an, Teil von etwas Anderem zu sein. Auch „Regen“ macht davor keinen Halt. Ob es zu einer Revolution führen wird, vermag man noch nicht sagen, aber es wäre so langsam an der Zeit.